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La La Land
Sa, 14/01/2017 - 13:24

Wer im Kino seine Stimme zum Gesang erhebt oder einen Tanz wagt, bringt sie alle gegen sich auf, die Realisten und diejenigen, denen es um "Wahrscheinleiichkeit" geht. Warum nur? Im Musical sehen wir die coolsten Typen, die uns das Kino je geschenkt hat. Von ihren Gefühlen übermannt, können sie sich nur noch durch Gesang und Tanz ausdrücken. Im Liebestaumel helfen Wörter nicht mehr weiter. Es muss gesungen werden. Aus diesem Grund ist das Musical auch nur was für Idealisten und Romantiker. Natürlich lässt sich das Leben so viel besser meistern! Wer singt und tanzt, überwindet Hindernisse viel leichter! Irgendwo dort im Anderswo wartet eine bessere Zukunft auf uns in Bonbon-Farben! Das alles gehört zum Kino seit den Gebrüdern Lumiere. Bereits deren Filme wurden mit musikalischer Begleitung aufgeführt. Musik-Komödien und -Dramen müssen nicht amerikanisch sein; eine genauso lange Tradition gibt es in Indien oder Ägypten. Es gab eine kurze Blüte im deutschen Tonfilm und im französischen Kino der 30er, das vom Variete beeinflusst war. Jacques Demy oder Michel Legrand erfanden das Musical dann noch einmal neu in den frühen 60ern. Zunächst aber brauchte es den Ton gar nicht. Der Rausch der Bewegungen, das ist schon filmisch genug! Als der Tonfilm 1927 erfunden wurde, kombinierte man Tanz, Gesang und Dialoge - ein Prozess, der sich in langsamen Schritten vollzog. In den frühen Tonfilm Musicals verharrt die Kamera. Wie gelähmt. Noch war der Bewegungs-Radius der Schauspieler gering, einfach dadurch, dass die Mikros nur eine geringe Reichweite hatten. In den kommenden 20 Jahren verwertete man in Hollywood alle möglichen Formen des Tanzens, ob folkloristisch oder modern. Seinen Durchbruch erlangte das Musical aber mit dem Stepptanz, bei dem die Schritte der Tänzer als Instrument funktionieren. Busby Berkeley nutzte diese Entdeckung während der grossen Depression und brachte Hunderte von Tänzerinnen auf die Bühne. 1929 brach die Wirtschaftskrise aus. Musicals halfen dem Publikum, ihrem Alltag zu entfliehen. RKO präsentierte Fred Astaire und Ginger Rogers in einer mondänen Deko-Welt. Zur selben Zeit inszenierte Berkeley seine Broadway Musicals für Warner, in denen unbekannte Tänzer den amerikanischen Traum lebten. Der Tanz musste fürs Publikum aber noch legitimiert werden. Er bedurfte eines Vorwandes. Bei Berkeley entsteht er aus dem Kontext: Auch Astaire und Rogers spielten oft Tänzer, denen wir eben bei der Arbeit zusehen. Bald schon wirkten die Tanznummern nicht mehr wie eine Unterbrechung der Handlung. Bei Astaire und Rogers erzählen sie die Handlung weiter, auf einer intimeren Ebene. Tanzend durchleben sie alle Stadien der Liebe. Fred Astaire legte angeblich Wert darauf, jede Nummer in einer Sequenz zu filmen - und an diese Idee tänzerischer Selbstbestimmung schloss in den 40ern Gene Kelly an. Aus alltäglichen Situationen entwickelte er seine Tanz-Szenen, reagierte spontan auf Dinge des Lebens wie einen Wischmob oder ein Paar Rollschuhe. Wie Astaire sah man Kelly schlendern, flanieren und daraus einen Tanz entwickeln. Während Astaire aber der feingliedrige, elegante Tänzer war, strotzte Kelly nur so vor Kraft. Astaire fällt alles leicht, Kelly aber ist angreifbar. Einer von uns im T-Shirt. Ein Genre braucht ständige Präsenz auf der Leinwand, damits vom Publikum akkzeptiert wird. Nach dem Ende des Studiosystems aber verschwand das Musical. Wurden zuvor Schauspieler noch selbstverständlich in Gesang und Tanz ausgebildet, blieb das später aus. Ähnlich wie der Western, konnte sich das Musical nie ganz vom Umbruch des New Hollywood Kinos erholen. So zog der Hit The Sound Of Music ab 1965 eine ganze Reihe teurer Flops nach sich. Saturday Night Fever und Grease lösten Ende der 70er eine kurze Disco-Welle aus. New Hollywood Grössen wie Francis Ford Coppola (One From The Heart) und Peter Bogdanovich (At Long Last Love) aber scheiterten wie Sidney Lumet (The Wiz). Für das Überleben des Genres sorgten Disney oder Bühnen-Adaptionen. In den 80ern feierte das Disco Musical mit Flashdance noch einmal ein kurzes Comeback und Patrick Swayze verzückte in Dirty Dancing eine ganze Generation. Immer wieder versuchten sich Einzelne darin, das Genre neu zu beleben: Woody Allen (Everyone Says I Love You) , Pedro Almodovar oder Christophe Honore. In Hollywood produzierte man Nostalgie aus zweiter Hand wie Chicago oder Moulin Rouge. Dadurch, dass sich das Genre Musical in seiner Auflösung befand, gewann es aber auch neue Freiheiten: West Side Story handelte von Strassenkriegen, The Sound Of Music und Cabaret erzählten während der 70er vom Aufkommen des Faschismus. Hair schliesslich vergegenwärtigte das Vietnam Trauma und Alain Resnais erschloss mit La Vie Est Une Chanson die depressive Komödie. Tim Burton schliesslich lieferte mit Sweeney Todd das erste blutrünstige Disney Musical! Der grösste Musical Regisseur aller Zeiten, Vincente Minnelli, lieferte bereits in den 40ern heimliche Experimentalfilme Marke Musical (Yolanda and The Thief, 1944). Stanley Donen und Gene Kelly drehten schliesslich zum ersten Mal draussen auf den Strassen New Yorks (On The Town, 1949). Konnte das artifiziellste aller Genres noch bestand haben, wenn man es nach draussen, in die "Realität" verlegt? Einen solchen Schritt hat das Musical nun mit Damien Chazelles La La Land wieder vollbracht. Getanzt wird nur in Aussen-Szenen, so während eines Verkehrsstaus. Bunt wirds trotz des Asphalts, einfach, weil die Kostüme farbig leuchten! Was ist neu? In La La Land müssen die Musical-Nummern nicht mehr zwangsläufig von Liebe handelt. Hier gehts auch um Weigerung oder Abschied. Die Tänzer dürfen sogar zögerlich wirken. Ryan Gosling und Emma Stone, eine Liebe des Augenblicks. Was danach kommt? Wir wissens nicht. Doch wozu brauchts noch Musicals, würden sich alle Träume erfüllen? (Wir stellen nicht die Filme, nur die links zur Verfügung.) (bild: imdb) - Anyone who raises his voice to sing or dares to dance in the cinema brings them all up against him, the realists and those who are concerned about "probabilities". Why? In the musical we see the coolest guys cinema has ever given us. Overpowered by their feelings, they can only express themselves through singing and dancing. In the ecstasy of love words don't help any more. It has to be sung. For this reason the musical is only for idealists and romantics. Of course life can be mastered so much better! Who sings and dances, overcomes obstacles much more easily! Somewhere in another place a better future is waiting for us in candy colours! All this belongs to the cinema since the Lumiere brothers. Their films have already been shown with musical accompaniment. Music comedies and dramas do not have to be American; there is an equally long tradition in India or Egypt. There was a short bloom in the German sound film and in the French cinema of the 30s, which was influenced by vaudeville. Jacques Demy or Michel Legrand reinvented the musical in the early 60s. But first it didn't need the sound at all. The intoxication of the movements, that's already cinematic enough! When the sound film was invented in 1927, dance, song and dialogue were combined - a process that took place in slow steps. In the early sound film Musicals, the camera remains. As if paralyzed. The radius of movement of the actors was still small, simply because the microphones had only a small range. In the next 20 years Hollywood used all possible forms of dancing, whether folkloristic or modern. However, the musical achieved its breakthrough with tap dancing, in which the dancers' steps function as instruments. Busby Berkeley took advantage of this discovery during the Great Depression and brought hundreds of dancers to the stage. The economic crisis broke out in 1929. Musicals helped the audience escape their everyday lives. RKO presented Fred Astaire and Ginger Rogers in a sophisticated world of decoration. At the same time, Berkeley staged his Broadway musicals for Warner, in which unknown dancers lived the American dream. But the dance still had to be legitimized for the audience. It needed a pretext. With Berkeley, it arises from context: Astaire and Rogers also often played dancers whom we watch at work. Soon the dance numbers no longer seemed like an interruption of the action. In Astaire and Rogers, they tell the story on a more intimate level. They dance through all the stages of love. Fred Astaire supposedly attached importance to filming each number in a sequence - and Gene Kelly followed this idea of dance self-determination in the 40s. From everyday situations he developed his dance scenes, reacting spontaneously to things in life such as a mop or a pair of roller skates. Like Astaire, Kelly was seen strolling, strolling and developing a dance out of it. But while Astaire was the delicate, elegant dancer, Kelly was bursting with strength. Astaire makes everything easy, but Kelly is vulnerable. One of us in a T-shirt. A genre needs a constant presence on the screen to be accepted by the audience. But after the end of the studio system the musical disappeared. If actors had been trained in singing and dancing before, that didn't happen later. Similar to the Western, the musical never fully recovered from the upheaval of New Hollywood cinema. Thus the hit The Sound Of Music from 1965 onwards brought with it a whole series of expensive flops. Saturday Night Fever and Grease triggered a short disco wave at the end of the 70s. But New Hollywood stars like Francis Ford Coppola (One From The Heart) and Peter Bogdanovich (At Long Last Love) failed like Sidney Lumet (The Wiz). Disney or stage adaptations ensured the survival of the genre. In the 80s the Disco Musical celebrated another short comeback with Flashdance and Patrick Swayze enchanted a whole generation with Dirty Dancing. Again and again individuals tried to revive the genre: Woody Allen (Everyone Says I Love You) , Pedro Almodovar or Christophe Honore. Hollywood produced second-hand nostalgia like Chicago or Moulin Rouge. But the fact that the musical genre was in the process of being dissolved also gave it new freedoms: West Side Story was about street wars, The Sound Of Music and Cabaret told during the 70s about the rise of fascism. Hair finally brought the Vietnam trauma to mind and Alain Resnais opened up the depressive comedy with La Vie Est Une Chanson. Tim Burton finally delivered Sweeney Todd, the first bloodthirsty Disney musical! The greatest musical director of all time, Vincente Minnelli, already delivered secret experimental films in the 40's brand Musical (Yolanda and The Thief, 194

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